Bund für Umwelt und Naturschutz

Ein Mitmachverband für nachhaltige Entwicklung

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) wurde 1975 gegründet und versteht sich laut seiner Website als „treibende gesellschaftliche Kraft für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland“. Er gehört zum internationalen Friends of the Earth-Netzwerk.

Der BUND bezeichnet sich selbst als „Mitmachverband“: In über 2.000 ehrenamtlichen Gruppen werden Themen auf lokaler Ebene angepackt. Schwerpunkte werden je nach Region festgelegt. So klagt der BUND z.B. seit mehreren Jahren gegen die Erweiterung des Tagebaus Hambach. 2018 konnte so ein Rodungsstopp erreicht werden.

Das Interview wurde im Sommer 2019 mit einer Person aus der BUND-Kreisgruppe Helmstedt in Niedersachsen (Deutschland) geführt.

Wie sieht eure alltägliche Arbeit aus?

Das ist bei uns schwierig zu sagen. Wir sind eine kleine Gruppe, auch viele ältere Leute, und sowas wie Biotoppflege machen wir gar nicht, sondern lassen das machen. Das ist möglich, weil wir auch gleichzeitig noch eine Stiftung dabei haben, die mit uns im gleichen Ort sitzt: die Stiftung Naturlandschaft, eine Stiftung vom BUND. Über die Stiftung lassen wir solche Sachen wie Biotoppflege machen. Kleine Firmen von Ortsansässigen sind dann dafür vor Ort oder wir verpachten die Flächen für extensive Beweidung. Im Heseberg haben wir z.B. Schafe auf einer Fläche. Das sind stiftungseigene Flächen, die wir durch Flurbereinigungen übereignet bekommen haben. Und dazu das Geld, um sie 20 Jahre zu pflegen. Dadurch, dass wir das Geld haben, können wir eben auch pflegen lassen. Denn das Personal hätten wir nie, um eigene Pflege zu machen.

Exkurs: Flurbereinigung und extensive Beweidung

Mit dem Begriff Flurbereinigung wird die Zusammenführung von zersplitterten land- und forstwirtschaftlichen Flächen zu größeren Einheiten bezeichnet. Davon wird sich die effektivere Nutzung der Flächen und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen erhofft.

Im Zuge der Flurbereinigung kommt es teilweise auch zu Renaturierung, Aufforstung und anderen Umweltschutzmaßnahmen. Kritiker:innen weisen allerdings darauf hin, dass durch die Zusammenlegung in größere Einheiten Monokulturen gefördert werden und Biodiversität verloren geht.

Als extensive Beweidung oder Landnutzung bezeichnet mensch Flächennutzung, die durch geringe Eingriffe in den Naturhaushalt gekennzeichnet ist. Es überwiegt die natürliche Entwicklung, wobei dies immer im Vergleich zu heute üblichen Nutzungsformen zu verstehen ist. Ein typisches Beispiel dafür ist die Streuobstwiese,

Im Gegensatz dazu ist bei intensiver Nutzung (teilweise auch mit industrieller Nutzung gleichgesetzt) das vorrangige Ziel die Steigerung des Ertrags. Sie ist durch deutliche Eingriffe in das Ökosystem gekennzeichnet.

Wir haben die Flächen gekauft und damit sind es unsere. Ob die jetzt Naturschutzstatus haben oder nicht, sie werden richtig geschützt. Manchmal, wenn wir Glück haben, haben wir auch ein Sperrgrundstück dabei. Damit können wir dann eine Bebauung verhindern oder die Entstehung eines Gewerbegebiets. Wenn da dann z.B. Fledermäuse sind, dann sagen wir: „Ne, das geht nicht. Wir haben das Grundstück – läuft nicht.“

Oder einmal sollten Windräder in so einem Gebiet gebaut werden. Wir haben irgendwann gemerkt, dass wir da auch von der Stiftung ein Grundstück besitzen. Da haben sie uns dann ködern wollen und haben schön viel Geld geboten, was wir jährlich bekommen hätten. Damit hätten wir gute Stiftungsarbeit machen können. Aber sowas geht nicht.

Ist das in der Satzung geregelt, was auf den Stiftungsgrundstücken möglich ist und was nicht?

Ich weiß gar nicht, ob wir das machen könnten. Aber wenn du für Naturschutz bist, kannst du so Sachen nicht auf deinem eigenen Grund und Boden machen. Das ist unglaubwürdig.

Habt ihr noch weitere Schwerpunkte in eurer Arbeit? Und wenn ja, wie sehen die aus?

Ja, ein weiterer Schwerpunkt ist die juristische Arbeit. Als Naturschutzverein bist du [in Deutschland] bei der öffentlichen Beteiligung dabei [Anm. rechtlich unterscheiden sich das deutsche und das österreichische Recht in solchen Genehmigungen in vielen Punkten.]. Das macht viel von unserer Arbeit aus. Das muss alles erarbeitet werden und dann musst du gucken, ob du zustimmen kannst, ob du widersprechen musst und ob sich das lohnt. Du kannst nicht bei allem widersprechen. Auch wenn du sagst: „Naja, Sinn macht das nicht wirklich in unserem Sinne.“

Du musst dir schon die Sachen raussuchen. Wenn du immer widersprichst, hat das keinen Zweck. Deine Glaubwürdigkeit leidet darunter und die brauchst du, wenn du in der Bevölkerung Anerkennung haben willst. Das

musst du dir erarbeiten durch Klarheit und durch Glaubwürdigkeit. Wenn du gegen deine eigenen Aussagen handelst, macht das keinen guten Eindruck. Das wird ruckzuck gegen dich verwendet.

Ein weiterer großer Schwerpunkt ist Wald für uns. Das macht K., eines unser Mitglieder, ganz viel. Er ist ein bundesweit bekannter Experte. Bei den ganzen Waldsachen wird bei uns ein dermaßener Raubbau betrieben. Die Wälder müssten eigentlich ganz anders behandelt werden. Die großen Kahlflächen, die gemacht werden, sind vom Gesetz her noch nicht mal erlaubt und sie machen es halt trotzdem, weil einfach keiner da ist, der klagt.

Wenn du klagst, dauert es ewig bis es entschieden wird. Wir haben zwar neulich eine Klage gewonnen, aber dann haben sie uns einen Vergleich vorgeschlagen. Den haben wir aber nicht angenommen, weil der uns nichts nutzt. Da gewinnst du und es wird kein Urteil gefällt, du hast dich nur geeinigt. Das ist aber nicht der Auftrag unserer Klage gewesen. Du willst ja erreichen, dass andere sich auf das Urteil berufen können und dass sowas nicht wieder passiert.

Sind bei der öffentlichen Beteiligung auch regionale Klimagesetzgebungen dabei?

Nee, sowas gibt es bei uns noch gar nicht. Das ist schlimm, du kommst damit überhaupt nicht durch. Allein wenn wir ein neues Baugebiet haben bei uns in der Stadt, und wir sagen, dass du die Dächer so ausrichten müsstest, dass man da Solar drauf machen könnte. Nee, das bekommst du nicht durch.

Das Gleiche bei den Bienenweideflächen, die überall propagiert werden. Bei uns in der Stadt wird noch das Gegenteil gemacht. Dann hatten wir neulich doch die vom Naturschutzamt, die auch die Grünflächen in der Stadt mitbetreuen, überzeugt, dass wir eine Bienenweide brauchen. Und dann fällt denen nichts Besseres ein, als in einen Kleingartenverein zu gehen. Mensch, da haben wir doch andere Flächen! Wir haben doch z.B. am Friedhof riesige Flächen!

Vor unserer Haustür haben sie uns die ganze Straße kahl gemacht. Das sieht scheußlich aus! Aber wenn ich da was sage, steck ich knietief im Fettnapf. Die Frau vom Amt ist da so böse und naja, dann habe ich gesagt, das hat keinen Zweck. Es ist natürlich kein schöner Job, jeder ruft bei dir an und sagt: „Hey, wie sieht das denn vor meiner Tür aus? Und können Sie da nicht mal…? Und so.“

Eine Bienenweide sieht für die Leute nur unordentlich aus. Das ist leider so. Soweit sind die noch nicht. Da muss man noch ganz viel Aufklärungsarbeit betreiben. Da sind wir noch nicht sehr weit. Zumindest bei uns in der Gegend. Im Süden hab ich das Gefühl, dass man da schon weiter ist. Also z.B. in einer Pension in der Nähe von Nürnberg, wo wir neulich waren, hatten die da so eine kleine Ecke, die wahrscheinlich sonst voller Unkraut wäre. Da hatte jemand so eine Mischung ausgesät. Das war so ein schönes Fleckchen. Sowas siehst du bei uns kaum. Da haben wir noch viel Arbeit im Kleinen.

Ein großes Thema ist auch an neue Naturflächen dran zu kommen. Da brauchst du ja auch Geld für. Meistens sind die Flächen Ackerflächen oder sowas. Da kannst du dann Ersatz- oder Ausgleichsflächen machen. Dafür müssen die Kommunen oder Bauträger wieder Geld geben.

Exkurs: Ersatz- und Ausgleichsflächen (Deutschland)

Durch die sogenannte Eingriffs-Ausgleichs-Regelung soll einer Verschlechterung von Natur und Landschaft vorgebeugt werden. Sie zählt zu den wichtigsten Instrumenten des Naturschutzes, da sie nicht nur auf geschützten Flächen, sondern auch in anderen Gebieten gilt.

Kann der Eingriff, wie eine Bebauung in die Natur, nicht verhindert oder weiter verringert werden, muss eine sogenannte Ersatz- oder Ausgleichsfläche geschaffen werden. Ausgleichsflächen befinden sich in räumlicher Nähe zu dem Eingriff und gleichen damit sozusagen den Eingriff an Ort und Stelle aus. Ersatzflächen befinden sich nicht am Ort des Eingriffs, sondern kompensieren diesen durch einen ‚gleichwertigen‘ Ersatz. Land- und Forstwirtschaft gilt nach dieser Regelung nicht als Eingriff in die Natur.

Mit dem Geld kaufen wir wieder neue Flächen, wenn wir welche kriegen. So haben wir den Flächenpool Stück für Stück erweitert.

Da gab es z.B. auch ein Großprojekt von der Bahn, die Berliner Schleife. Wenn die Bahn etwas baut, müssen die dann auch Ausgleichsflächen schaffen. Sie haben aber selbst kein Amt dafür, das das betreut. Also geben sie das in andere Hände. So ist das dann auch bei uns gelandet. Da hatten wir natürlich gleich einen ganzen Batzen! So landet das dann nicht bei jemandem, der dann doch keinen gescheiten Naturschutz da draus macht.

Manchmal sagen Menschen: „Ich hab hier ein Stück Land, da soll naturschutzmäßig was daraus entstehen“, und haben uns das dann geschenkt. Das ist auch schon passiert. Aber dazu musst du dann langsam bekannt werden. Du musst, wie gesagt, einen guten Ruf haben. Sonst kommst du da nicht dran.

Z.B. wenn Bauern heutzutage etwas verkaufen wollen: Es wird unglaublich viel Geld für Land geboten, weil so viel Geld unterwegs ist. Die Leute wissen ja nicht, was damit gemacht wird. Wenn du was Dauerhaftes kaufen willst, ist Land das Beste. Dann kommst du als Naturschützer nicht mehr so gut für einen erträglichen Preis dran. Auch da hilft ein guter Ruf.

Würdest du eure Arbeit als Ersatz von einem staatlichen Naturschutz beschreiben?

Natürlich. Aber unser Naturschutz ist effektiv, weil es eben in der Stiftung wirklich dauerhaft ist. Du kannst nichts anderes mit den Flächen machen. Du kannst die Stiftung auch nicht auflösen. Wenn sie aufgelöst werden sollte, musst du in dem Vertrag nennen, wofür die Flächen sein sollen. Und ohne, dass diese für dauerhaften Naturschutz gewidmet sind, kannst du daran nichts mehr ändern. Das ist eben das Gute in der Stiftung.

Wenn die Flächen z.B. nur einem Verein gehören ist das anders. Ein Verein kann ja auch insolvent werden und dann gehen die Flächen mit in die Insolvenz. Dann hast du nichts mehr. Aber in einer Stiftung geht das nicht.

Warum habt ihr euch für diese Herangehensweise entschieden und nicht für die Forderung nach mehr oder besseren staatlichen Naturschutz?

Fordern brauchst du gar nicht. Du brauchst eigentlich nur EU-Recht umzusetzen. Aber das tut man ja nicht. Z.B. unser Landkreis Helmstedt: Der musste bis, ich glaube voriges Jahr, eine bestimmte Anzahl FFH Gebiete unter Naturschutz stellen und der EU melden. Das ist aber nicht passiert, weil die Bauern immer dagegen sind. Weil irgendjemand immer dagegen ist. Und sie stehen jetzt in der Bredouille. Sie können die Flächen nicht melden und werden demnächst Strafzahlungen machen. Die werden richtig Strafe zahlen müssen. Ich versteh nicht, warum das so weit kommen muss. Ich verstehe nicht, dass man nicht sagen kann: „Wir sind dazu verpflichtet, EU- Recht steht ganz oben.“ Das klappt nicht. Und das sind eigentlich unsere Steuergelder. Eigentlich dürfte das so nicht passieren.

Verfolgen diese Herangehensweise mit der Stiftung auch andere BUND-Gruppen? Oder ist das eure eigene Strategie?

In Niedersachsen sind wir die Bekanntesten, die das machen. Und der Grund ist, wie gesagt, die Flächen dauerhaft für Naturschutz frei zu halten.

Ich würde sagen, dass das an Einzelpersonen mit Visionen hängt und das ist bei uns K.. Der war auch immer total integer. Damals als wir angefangen haben, haben die Bauern Grenzertragsböden verkauft. Der Nachbar soll das dann meist nicht wissen. Aber zu K. sind sie gegangen und er hatte das totale Vertrauen von ihnen. Dieses Vertrauen musst du haben, sonst kannst du keine effektive Arbeit leisten. Es erleichtert dir so viel, wenn du einen guten Ruf hast, dass du so integer bist. Für die lokale Arbeit ist das ganz, ganz wichtig. Die Bauern wissen, dass K. sie nicht übers Ohr hauen wird.

Es gab auch andere Situationen: Z.B. haben wir mal mit VW etwas versucht. Die wollten, dass das nach ihrer Nase läuft und dann hab ich gesagt: „Macht

doch, was ihr wollt, aber nicht mit uns.“ Und dadurch, dass wir finanziell gut dastehen, weil wir ganz, ganz sparsam und effektiv arbeiten, sind wir nicht angewiesen hinter dem Geld her zu laufen. Wir brauchen sowas, was unseren Interessen nicht entspricht, nicht anzunehmen.

Der BUND ist ja auch bekannt für Klagen. Hast du den Eindruck, dass diese Strategie gut funktioniert?

Klagen sind absolut politisch und kosten sehr viel Geld. Das ist das Problem. Wir haben zwar eine Rücklage für Klagen, aber du kannst da eigentlich nur sichere Sachen angehen, wo du zumindest einen Teil des Geldes wieder kriegst. Sonst bist du bald blank und kannst die nächste ganz wichtige Klage vielleicht nicht führen. Deswegen muss man sich das genau überlegen. Es muss auch was Bekanntes sein, damit die Leute dahin gucken und es einen Effekt hat. Damit es dann in Zukunft heißt: „Oh, das machen wir besser nicht, die haben dafür Strafe bekommen.“ Denn sonst verpufft das und du hast das Geld zum Fenster raus geschmissen. Das sollte man schon sehr gut mit umgehen.

Wie gesagt haben wir das Glück, dass wir K. in unseren Reihen haben. Er ist unser Visionär und arbeitet Tag und Nacht, obwohl er auch schon einige Jahre Rentner ist. Der arbeitet von morgens bis abends nur an solchen Projekten. Das ist ein Wahnsinn. Ohne den wäre unsere Gruppe längst nicht so erfolgreich, wie sie ist.

Wer entscheidet über solche Schritte wie die Klagen?

Manchmal sind andere Gruppen mit dabei. Manchmal geben wir einen oder zwei Tausender mit dazu, wenn andere Gruppen klagen wollen. Du kannst nur klagen, wenn du betroffen bist oder wenn der Naturschutz betroffen ist. Wenn das nicht der Fall ist, dann kannst du nicht klagen. Aber wenn es dir wichtig ist, dann kannst du andere dabei unterstützen. Sowas machen wir auch.

Und dann haben wir auch schon mal eine Stelle für die BUNDjugend, damit das koordiniert werden kann, mit ein bisschen Geld unterstützt. Sowas machen wir auch ab und an mal.

Die BUNDjugend ist heute nur auf Landesebene. Früher waren die Kinder von den älteren Mitgliedern hier im Ort in der BUNDjungend. Diese Zeiten sind vorbei. Jedenfalls bei uns. Die Kinder haben heute zumeist andere Interessen. Da lohnt sich eine eigene BUNDjugend-Gruppe nicht. Und du kriegst auch keine, die so zwischen 25 und 35 sind. Du kannst eine

BUNDjugend ja nicht von so einem Opa führen lassen. Das geht nicht gut. Du musst so ein bisschen Jüngere haben. Aber die findest du auch nicht. Die sind beruflich eingebunden. Die fehlen bei sowas. Das hat sich total geändert.

Wir sind eine Gruppe hauptsächlich aus Rentner:innen. Ich bin jetzt seit über 40 Jahren dabei. Ich bin kurz nach der Gruppengründung dazu gekommen. Also nicht Gründungsmitglied, aber kurz danach. Achtzehn Jahre mache ich das jetzt schon als Rentnerin.

Was waren eure drei größten Erfolge im letzten Jahr?

Da ist einmal die Klage, die wir gewonnen haben. Das ist das Wichtigste für mich. Das war eine Klage, wo es um Kahlschlag im Wald ging, wo er nicht erlaubt war. Eine von den Flächen haben wir wieder belegt. Da haben wir ganz gut Geld reinbekommen, womit wir weiterarbeiten können.

Was wir auch gemacht haben – wir machen ja auch manchmal ein Fest, wir arbeiten ja nicht nur – wir hatten 40 Jahre BUND gehabt und das Fest haben wir groß gefeiert. Das war sehr schön. Wir haben das auf dem Burghof gefeiert. Da waren richtig viele Leute. Mit Musik und so einer Irish Folk Band. Das war ganz toll und so offen. Jeder konnte kommen und gehen. Das war ganz toll. Sowas muss auch mal sein. Das ist auch fürs Bekanntwerden vor Ort wichtig, besonders wenn so eine Feier harmonisch und für alle offen und so ist.

Wo wird bei euch über Strategie entschieden?

Bei uns läuft das im Vorstand ab. Wir haben einmal im Monat eine Vorstandssitzung und einmal ein sogenanntes Arbeitstreffen, wo jeder kommen kann.

Der geschäftsführende Vorstand sind vier Personen: der erste Vorsitzende, zwei Stellvertreter und der Schriftführer. Dann gibt es noch den Kassier, also den Kassenwart, und drei bis vier Beisitzer. Die gehören auch zum Vorstand, aber nicht zum geschäftsführenden Vorstand.

Aber wir arbeiten sehr eng zusammen, weil wir schon sehr lange in der Konstellation sind und es eben eine kleine Gruppe ist. Manchmal, wenn irgendwas schnell entschieden werden muss, was ja auch mal vorkommt, wird auch was per E-Mail entschieden.

Gab es in letzter Zeit irgendwelche größeren Diskussionspunkte in eurer Gruppe?

Es ist eigentlich äußerst selten, dass wir wirklich konträre Ansätze haben. Denn wenn du die Natur schützen willst, worum es ja beim Naturschutz geht, ist die Richtung immer ziemlich klar. Wenn du natürlich klimamäßig was bewegen magst, das ist einfach breiter…

Es ist wirklich bei uns selten der Fall, dass wir größere Diskussionen oder Meinungsverschiedenheiten haben. Bei den Feldern, die wir bearbeiten, sind wir uns eigentlich immer ziemlich einig. Gut, der Weg dahin ist manchmal ein bisschen unterschiedlich, aber das sind keine großen Sachen.

Das heißt, eure Grundstrategie ist eigentlich sehr klar?

Ja, und wenn’s mal nicht so läuft, musst du halt überlegen, wie du es trotzdem hinbekommst.

Ist Naturschutz in deinen Augen etwas anderes als Klimaschutz?

Naturschutz ist Klimaschutz ist Menschenschutz.

Wenn dann Menschen sagen: „Du musst auch mal an dich selber denken.“ Dann sag ich: „Ja. Und deswegen mache ich Naturschutz. Weil ich an mich selber denke. Denn ohne Naturschutz entziehen wir uns unsere eigene Lebensgrundlage.“

Das ist so vielen nicht klar. Ich weiß nicht. Die benutzen den Kopf nicht oder wollen das nicht sehen, weil sie ihre Bequemlichkeit schätzen. Oder eigentlich hat das ja wenig mit Bequemlichkeit zu tun. Du brauchst ja eigentlich auf wenig verzichten. Du brauchst es nur umzuswitchen und kannst dann mit anderen Dingen sparsamer umgehen. Das ist überhaupt kein Einschnitt in die eigene Lebensqualität. Aber das wird von vielen so gesehen.

Wenn jemand sagt, dass er weiß, was für ein Umweltschützer er ist, wenn er Müll sortiert, kann ich nur lachen. Ich mein, das gehört dazu. Er kann ja mit einfachen Dingen anfangen. Aber dann bitte weitermachen!

Wie siehst du die Verbindung zwischen Natur- und Klimaschutz?

Also einmal, wenn du die Wälder nimmst als Lunge. Wenn du die Moore nimmst, die ganz viel CO2 binden. Und wenn du die verschwinden lässt, das ist… [schüttelt den Kopf]. Die Artenvielfalt erhalten gehört auch zum Klimaschutz dazu. Das greift alles ineinander. Und wenn du an die heutigen Waldbrände denkst, was da vernichtet wird… Vor allen Dingen die Wälder in Brasilien und dann die borealen Wälder in Russland. Das ist katastrophal!

Dann kommt noch die Schmelze im Permafrostboden dazu. Da wird noch mal ganz viel CO2 frei. Das beschleunigt sich dann dermaßen, das kannst du gar nicht mehr aufhalten. Es ist schon fünf nach zwölf, wenn du mich fragst. Und dann wird immer noch geredet und gelabert.

Das Bild von fünf vor zwölf, das ist schon so alt. Das gab es schon in den 70er Jahren. Da haben sie die Uhr angehalten, damit sie nichts tun müssen. Damals war es fünf vor zwölf. Aber kein Politiker hat auf die Wissenschaftler gehört. Der Club of Rome, das war bspw. Ende der 60er Jahre, dass die das gesagt haben. Das ist richtig lange her.

Oder wenn du denkst, dieser Kieler Wissenschaftler, ich weiß jetzt nicht, wie der heißt – also ein Klimawissenschaftler, wie lange der uns das im Fernsehen schon erzählt. Der ist mittlerweile ein alter Mann geworden. Ich kenn den schon ganz lange. Da war der noch nicht alt. Aber es kommt bei den Leuten nicht an, weil sie bequem sind, und weil sie das nicht wahrhaben wollen. Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, wie man das knacken könnte.

Jedenfalls fällt mir kein Patentrezept ein. Man verbrennt sich ab und zu mal den Mund. Gehört auch dazu. Manchmal muss ich das ganz deutlich sagen. Wenn mir das dann zu viel wird mit diesen Ausreden und… Oaah… Nee… [schüttelt den Kopf]. Aber ob das wirklich hilft wage ich zu bezweifeln.

Die lügen ja auch, wenn sie erzählen, was sie machen, was sie vorhaben und was sie gut finden. Wenn du Interviews hörst, dann sagen sie: „Wir machen das so und so.“ Und dann guckst du in die Regale beim Supermarkt und dann weißt du, dass die gelogen haben. Dass das nicht stimmt. Sonst müssten die Supermärkte ganz anders sortiert sein. Denn die reagieren sofort. Wird ein Artikel drei Wochen lang nicht nachgefragt, ist er weg.

Ich sag immer, die Menschen wissen überhaupt nicht, was sie für eine Macht haben mit ihrem Portemonnaie. Einfach die Produkte stehen lassen, die gerade eine schlechte Kritik haben. Da brauchen wir kein Gesetz, kein gar nichts. Weg wäre es. Aber wir als Hausfrauen tun es nicht. Ich weiß nicht warum, aber wir tun es nicht.

Du musst ja nur gucken. Wo mir das persönlich aufgefallen ist, ist beim Backen. Ich backe gerne. Und dann guckst du in die Supermarktregale und die Mehltüten haben ungefähr einen Meter im Regal und die Backmischungen hatten fünf Meter Ausmaß. Aber alle machen ihren Kuchen ganz selber. Backmischungen verwenden sie nicht [lacht und schüttelt den Kopf]

Das ist nur so ein Beispiel – aber so geht das mit allem. Die Einzelzutaten, wo dann eben kein Geschmacksverstärker und kein dies, kein das drin ist, danach musst du suchen. Und das andere springt dich in Mengen an. Und dann weißt du auch, wie viele Menschen das kaufen. Denn die Supermärkte wollen verkaufen. Die stellen nur das hin, was etwas bringt. Und diese Macht, die wir Hausfrauen mit dem Portemonnaie hätten, das würde ich mir wünschen, dass man das irgendwie bewusst machen könnte.

Im Fernsehen kriegst du für solche Themen wahrscheinlich keine Sendezeit. Die müssen ja auch Geld verdienen. Aber jedenfalls diesen Zusammenhang einfach mal klar zu machen: Was für eine Macht die Hausfrauen mit dem Portemonnaie hätten, wenn sie wollten.

Ist diese Thema beim BUND präsent?

Das weiß ich nicht. Direkt ist es jetzt kein Thema gewesen. Man spricht mal drüber. Aber das wir jetzt da eine Strategie entwickelt haben, um das irgendwie in die Tat umzusetzen, dass man die Leute da beeinflusst, das nicht, nee.

Und deine Bekannten, die du hast, die wissen sowieso wie du tickst. Die

wissen auch, was sie dir da in etwa antworten sollen. Und viele von denen sind auch deiner Meinung. Du schmorst ja auch immer im eigenen Saft. Du bist normalerweise selten unter Gegnern unterwegs.

Und wenn du privat unterwegs bist, also bei einer Feier, willst du dich ja auch nicht unbeliebt machen und einen Streit vom Zaun brechen. Das geht nicht. Das mach ich auch nicht. Aber z.B. in meiner Stickgruppe, da bin ich praktisch unter Feinden. Dann heißt es immer: „Ja, du mit deinen Ansprüchen.“ Ob es irgendwo ein kleines Umdenken bei Menschen gebracht hat, weiß ich nicht. Es sind so zarte Versuche. Und ich kann sie ja nicht überprüfen.

Arbeitet ihr mit anderen Gruppen zusammen? Und wenn ja, wie sehen dieses Kooperationen aus?

Ja, in Südniedersachsen haben wir da gerade so Bezirke gebildet. Dort treffen sich zwei Abgeordnete. Das sind dann Menschen von anderen BUND– Gruppen. Das ist aber ganz locker und auch noch ausbaufähig, sag ich mal.

Im Haus selbst arbeiten wir mit dem NABU [Naturschutzbund Deutschland] sehr eng zusammen. Der hat auch ein Büro bei uns im Haus, in der Burg. Z.B. wenn wir so Einwände bei öffentlichen Beteiligungen machen, dann machen wir das oft gemeinsam mit dem NABU.

Gibt es bei euch auch Grenzen für die Zusammenarbeit mit anderen Gruppen?

Da gibt es bestimmt eine Grenze, aber ich wüsste jetzt nichts Konkretes zu nennen. Das hängt auch immer von Einzelpersonen ab.

Der vorherige NABU-Vorsitzende, das war so ein Einzelkämpfer. Der hat Vögel beobachtet und wollte eigentlich auch keinen dabei haben. So ungefähr. Mit dem ging das nicht so gut. Jetzt haben wir seit einigen Jahren einen anderen Vorsitzenden, weil der andere aus Altersgründen ausgefallen ist. Mit dem geht das sehr gut. Da arbeiten wir sehr eng zusammen. Und es ist natürlich dann auch effektiver, wenn zwei Vereine dann eine gleichlautende Stellungnahme abgeben.

Es gibt ja viele Anfragen für Stellungnahmen, die müssen ja anfragen und so eine Stellungnahme von uns Umweltverbänden einholen. Das gehört einfach zur Genehmigung dazu. Sonst könntest du ja sofort klagen. Das ist ein Verfahrensfehler, da brauchst du gar nicht auf EU-Recht zu pochen oder so.

Eigentlich kannst du mit allen zusammenarbeiten, aber du musst schauen, dass du niemanden in die Pfanne haust. Das machst du nur einmal. Und dann hast du deinen Kredit verspielt.

Du musst deine Linie haben und der musst du treu bleiben. Das ist sowieso wichtig, auch für dich selbst. Aber jeder schlängelt sich irgendwie durch die Gegend. Das sind alte Werte, die da gerade verloren gehen. Altmodisch ist das. Aber ich sag immer, ich darf altmodisch sein, ich bin ja auch alt. Ich weiß, das ist altmodisch. Aber da steh ich zu.

Wie würdest du deine politische Ausrichtung beschreiben?

Parteipolitisch passe ich nicht wirklich in eine Partei. Das tut wohl kaum jemand. Viele wählen ja das, was sie von Haus aus gewählt haben. Eigentlich bin ich Wechselwähler. Obwohl ich mehr auf der linken Seite bin.

Wie ist es dazugekommen, dass du dich politisch engagiert hast? Was hat dich in deiner Politisierung geprägt?

Mein Vater hat mich da sehr beeinflusst.

Und dann der HTR [Hochtemperaturreaktor]. Da ist bei uns ein riesen Aufstand los gegangen. Sie haben versucht, das bei uns umzusetzen, weil wir als Grenzregion damals noch als so brav und hinterwäldlerisch dargestellt wurden. Aber da hat sich irgendwer nicht genau erkundigt. Da haben sie sich genau den verkehrten Verein ausgesucht. Denn wir waren mit dem Braunkohlekraftwerk Buschhaus schon kampferprobt und dann haben wir als nächsten den HTR genommen. Der ist dann wirklich gestorben. Buschhaus haben wir damals geklagt. Bis vors Oberverwaltungsgericht und da ist die Entschwefelungsanlage dabei rausgekommen.

Exkurs: Hochtemperaturreaktor (HTR)

Hochtemperaturreaktoren sind Atomkraftwerke, die höhere Arbeitstemperaturen ermöglichen als andere Reaktortypen. Anlagen dieser Art wurden seit den 1960er Jahren als Versuchsreaktoren betrieben, konnten sich aber aufgrund verschiedener Schwierigkeiten wie besonders große Müllentsorgungsprobleme und Pannen nicht durchsetzen.

Was wäre in deinen Augen der Schlüssel für mehr Naturschutz?

Die Natur lieben. Die Natur achten. Das brauchst du als Anfang. Deswegen haben wir ja dann auch noch FEMO gegründet. K. sagt immer: „Wer seine Umwelt, seine Gegend nicht kennt, der liebt sie nicht, der schützt sie nicht.“

Heute gibt’s in den Schulen keine Heimatkunde mehr. Das ist für mich… [schüttelt den Kopf]. In die Grundschule gehört Heimatkunde, damit du dein Umfeld, die Besonderheiten kennen und auch lieben lernst. Und dann kommt Schutz und Achtung dafür alleine. Achtung ist vollkommen verloren gegangen in unserer Welt.

Du ziehst heute auch zu viel hin und her. Von den Eltern kannst du den Bezug zu deiner Umgebung oft nicht kriegen. Die kommen ja auch woanders her. Und das jeder gleich seine neue Heimat erobert, das ist auch nicht der Fall. Die Leute haben heute viel zu wenig Zeit dafür.

Früher bist du nicht jeden Sonntag sonst wohin gefahren. Du hast einen Ausflug in die Umgebung gemacht. Und so hast du das kennen und lieben gelernt. Mein Vater hat mir alle Pflanzen, alle Tiere gezeigt. Pilze, alles. Das war für mich lebensprägend.

Was ist FEMO?

FEMO ist ein Freilicht und Erlebnismuseum. Das ist praktisch Heimatkunde draußen. Das wurde von den gleichen Leuten gegründet wie der BUND, aber auf einer anderen Plattform.

FEMO hat dann den Geopark gegründet. Das ist uns dann irgendwann mit den paar Leuten, die wir sind, zu viel geworden. K. hat dann gesagt, er macht das nicht weiter. Also als es dann so gediehen war, dass es größer war und das wir schon die UNESCO-Anerkennung für den Geopark hatten. Da hat er gesagt: „So, jetzt ist die Allgemeinheit dran.“ Damit meinte er den Landkreis Helmstedt, Wolfenbüttel und Braunschweig. Der Landkreis Helmstedt hat dann – aber nur auf richtigen Druck – einen Trägerverein gegründet.

Wie habt ihr da Druck gemacht?

K. hat gesagt, dass er’s hinschmeißt. Damit wussten sie, dass es dann weg ist. Und dafür hatten wir schon zu viel Geld reingesteckt. Wir haben da ja Millionen umgesetzt, die wir von der EU hatten. Und vom Land Niedersachsen, von vielen Stiftungen – wo wir alle Geld her gekriegt haben. Das wäre für die sehr schlecht gewesen. Auch die Landkreise hatten jedes

Jahr Geld reingetan damit das läuft. Und das kannst du dann nicht einfach in den Sand setzen. Vor allem nicht mit der UNESCO-Anerkennung.

Würdest du sagen, dass ihr eher mit oder gegen das bestehende System arbeitet?

Du kannst nicht gegen das System arbeiten. Am weitesten kommst du, wenn du damit arbeitest. Aber du darfst dich nicht abhängig machen. Das ist ganz wichtig.

Ich weiß nicht, ob du ganz groß werden kannst ohne eine Abhängigkeit. Aber wir haben das bisher geschafft. Also dass wir zwar mit denen zusammenarbeiten. K.s Wort hat da ja auch wirklich Gewicht. Der hat den Landtag in Hannover schon beraten. Er hat Greenpeace schon in Waldangelegenheiten beraten. Er nimmt alles wahr, was es gibt. Er hält Vorträge hier und da. Und was der Mann für Enttäuschungen hat einstecken müssen. Das ist unglaublich!

Die Politik tut Nichts. Die lassen sich beraten und es kommt nichts bei rüber. Jedenfalls nichts in unserem Sinne. Das ist sehr frustrierend.

Realistisch musst du eben auch sein, wenn du etwas erreichen willst. Mit Traumtänzerei erreichst du nichts. Du musst gucken was geht, und dann musst du das auch machen und versuchen vorwärts zu kommen. Das ist auch eine wichtige Sache.

Und du darfst dich nicht parteipolitisch binden. Du musst politisch agieren, aber du darfst dich nicht irgendeiner Partei ausliefern. Das geht nicht. Dann hast du keine Freiheiten mehr dich zu entscheiden. Und die anderen trauen dir niemals mehr. Das darfst du nicht machen. Also parteipolitisch darfst du nicht werden. Du musst allen gegenüber freundlich sein und allen gegenüber deine Forderungen sagen. Aber du darfst dich keinem gegenüber abhängig machen. Das geht nicht.

Und Geld brauchst du auch. Wenn du kein Geld hast, geht gar nichts. Und wie willst du Geld kriegen? K. hat da viele Ideen, das ist unglaublich!

Ganz witzig war eine Situation, wo sie Bahngleise aufgelöst haben. Die gingen durch drei Landkreise. Durch den Bekanntheitsgrad und die Seriosität, die wir uns erarbeitet haben, kriegt K. das schneller mit als alle anderen. Das haben wir dann gekauft. Damit haben wir einen Korridor für eine Vernetzung, der gut ein paar Meter breit ist. Das ist ein astreiner Korridor für Wildkatzen und andere Tiere. Das trägt dann wieder zur Biodiversität bei. Und der Korridor bleibt ja dann auch unbearbeitet.

Außerdem bist du dann damit Mitglied in sämtlichen Feldmark- Interessentschaften und in der Walz- und Wasserwirtschaft. Wir sind sogar bei Sielverbänden dabei, also Wasser- und Sielverbände an der Nordsee.

Das heißt ihr habt dann über die Flächen auch mehr Mitspracherechte?

Genau. Du musst zwar zahlen und bist dann aber auch Mitglied in den Interessentschaften. Und ein Mitglied bei uns, der klappert jedes Jahr mindestens einmal die Flächen ab. Um zu gucken, ob da alles in Ordnung ist. Und was du da erlebst, ist auch manchmal hanebüchen. Die Bauern… [schüttelt den Kopf]. Die haben da manchmal den Pfahl ein bisschen weggesetzt und pflügen dann so ein kleines Stückchen weiter als ihnen die Flächen gehören.

Und mit den Blühstreifen. Die sollten die alten Wegetriften wiederherstellen. Feldwege hatten zu meiner Jugendzeit an jeder Seite mindestens drei bis vier Meter Trift. Also Magerrasen, wunderschöne Blühpracht! Und alles Getier, was dazugehört. Das haben die Bauern alles abgepflügt. Um jede Pflugscharbreite. Aber die Flächen gehören ihnen heute auch noch nicht. Da könnte man sagen: „Bitteschön – da werden wieder Triften draus!“

Das traut sich nur keiner. Und das begreife ich nun wieder nicht. Ich begreife nicht, warum die Politik sowas nicht macht. Aber die Landwirtschaftslobby ist so stark, dass man sich noch nicht mal traut ein Recht durchzusetzen [schüttelt den Kopf].

Das Gleiche passiert mit der Wasserrahmenrichtlinie. Warum machen die denen nicht die Ställe zu? Wir brauchen das Schweinefleisch nicht. Müssen wir nach China Schweinefleisch liefern?! Nein, müssen wir nicht!

Aber die Lobby ist zu groß. Die schneiden sich doch ins eigene Fleisch. Warum sind die immer von gestern? Das ist gegen Klimaschutz, das ist gegen Artenschutz, das widerspricht allem, was sie sich heute versuchen selber auf die Fahnen zu schreiben. Was soll das?! Das ist verlogen ohne Ende!

Würdest du sagen, dass sich an deiner Herangehensweise etwas mit steigendem Alter verändert hat?

Das ist ganz witzig. Das hätte ich früher nie geglaubt: Wenn du älter wirst, kannst du dich vieles trauen, was du früher nur schlecht machen konntest.

Heute kann mir keiner mehr was. Ich bin jetzt fast 20 Jahre Rentnerin. Ich

kann sagen, was ich will. Ich kann unterschreiben, was ich will. Ich kann unterstützen, was ich will. Wenn ich nicht kriminell werde, kann mir keiner was. Das ist ein sehr schönes Gefühl.

Fragen zur Einordnung des BUNDs:
  • Wie würdest du das Verständnis von gesellschaftlicher Machtverteilung des BUNDs bzw. der hier interviewten Person beschreiben?
  • Was würdest du als die Hauptstrategie des BUNDs beschreiben? Was als die Haupttaktik?
  • Wie würdest du das Verhältnis des BUNDs zum Staat beschreiben?
  • Wie würdest du die Rolle von K. in der Gruppe beschreiben und bezeichnen?
Fragen zum Weiterdenken in deiner Gruppe:
  • Teilt ihr die Einschätzung der interviewten Person zur Macht des Portemonnaies? Warum (nicht)?
  •  Wie schätzt ihr die Rolle des Naturschutzes im Kampf für Klimagerechtigkeit ein?
  • Wie steht ihr zu den Werten, die die interviewte Person vertritt? Was habt ihr für Werte in eurer Gruppe?
  • Habt ihr selbst Menschen wie K. in eurer Gruppe? Wie geht es euch damit bzw. würdet ihr euch wünschen, dass es solche Personen in eurer Gruppe gibt? Warum (nicht)?